Heinz Langen: Die Geschichte des Amtes und der Burg Windeck

Text | Dorfgeschichten, Weltkriege, Personen, Verschwundene Orte | Donnerstag, 08 Mai 1947

Mein Onkel Heinz Langen wurde 1930 oder/-31 in Schladern geboren. Mitte der 1960er Jahre ist er mit seiner Familie nach Köln gezogen. Gestorben ist er Mitte der 2010er Jahre in Köln. Seine Tochter hat mir nach seinem Tod einige Schladern-Dokumente überlassen. Darunter befand sich eine Kladde „Die Geschichte des Amtes und der Burg Windeck“ mit dem Zusatz „Von Heinz Langen UII b. [Untersekunda b = 10. Schuljahr, Anm.]“. Heinz war Schüler des Hollenberg-Gymnasiums in Waldbröl, die Arbeit muss kurz nach dem Krieg entstanden sein. In der Arbeit sind Originalfotos vom zerstörten Schloss Windeck enthalten. Urheber der Fotos könnte er selbst sein, darüber gibt es aber keine Erkenntnisse. Sylvia Schmidt

Nun zu seiner Arbeit (die alte Rechtschreibung haben wir übernommen)

Gliederung:

1) Beschreibung der alten Burg.
2) Der erste Beherrscher Windecks nach einer Sage.
3) Die ersten geschichtlich nachzuweisenden Beherrscher Alt-Windecks.
4) Geschichte der Grafen von Berg.
5) Das Erzbistum Köln erwirbt das Obereigentum über Windeck.
6) Der Kampf um das Obereigentum über Windeck.
7) Die Schlacht auf dem Breitenfelde.
8) Die Schlacht bei Worringen.
9) Die Gefangennahme Siegfrieds von Westerburg.
10) Die Gefangennahme Adolfs von Berg.
11) Das Raubrittertum im Herzogtum Berg.
12) Die Fehden des Grafen Adolf VIII..
13) Das Opladener Ritterrecht.
14) Die Burg Windeck wird Ruine.
15) Aufgaben des Burgvorstehers und der Burgmannschaft.
16) Die Gerichtsbarkeit.
17) Das Schloss Windeck.


Von meinem Zimmer aus habe ich einen wunderbaren Blick über den Talkessel Schladern hinweg auf den dichtbewaldeten Schlossberg von Windeck, der auf der rechten Seite mit dem langsam ansteigenden Bodenberg und links mit dem steil abfallenden, felsigen Steiner Berg den Kessel umrahmt und ein herrliches Landschaftsbild ergibt. Der Schlossberg hat zwei Gipfel, die durch eine sattelförmige Mulde getrennt werden. Den nördlichen Gipfel schmückt die alte, ehrwürdige Ruine der Burg Windeck, zu der sich in jüngster Zeit eine zweite Ruine, nämlich die des Schlosses Windeck gesellte. Schon lange regte sich in mir der Wunsch, der Geschichte dieses doch sicher einst mächtigen Fürstensitzes nachzugehen. Eines Tages suchte ich einen alten Heimatforscher auf, liess mir manches von Windeck erzählen und nahm mir einige Chroniken und Sagenbücher über die Burg mit nach Hause, wo ich Zeit und Musse fand mich in die Geschichte meiner engsten Heimat zu vertiefen, denn das Schicksal meines Heimatortes wie auch des Oberbergischen-Kreises ist eng an die Geschicke der Burg Windeck verknüpft.

Burgruine von Windeck.

Die Burg stand auf einer hohen, kegelförmigen Felskuppe, von drei Seiten durch unzugängliche Abhänge geschützt. Auf der Nordseite sperrten zwei Schutzgräben mit zwei starken Zugbrücken den Zugang. Der Burghof war von dem Palas, dem Speisesaal, den Kemenaten und dem Bergfried umgeben, dessen Mauern fast drei Meter dick sind. In seinem Erdgeschoss war das Burgverliess mit einem unterirdischen Gang ins Siegtal.

Das Ganze umgab eine achtzehn Meter hohe Mauer, von der aber heute nur noch ganz wenige Reste vorhanden sind. Auch der Turm ist bis auf 1/3 seiner ursprünglichen Höhe verfallen, so dass es sehr schwer ist, sich noch ein Bild von dem stolzen Bauwerk zu machen, das einstmals das Land ringsum beherrschte. Es ist bedauerlich, dass diese Burg, die uns so viel aus alter Zeit zu sagen wüsste, so sehr der Zerstörung anheimgefallen ist.

Noch schlimmer aber war das Schicksal der älteren Burg Windeck, von der man nicht einmal genau weiss, wo sie gestanden hat, so wenig Überreste sind von ihr erhalten geblieben. Die heutige Ruine ist nämlich nur der Überrest der jüngeren von zwei Burgen Windecks. Die Gründungszeit der alten Burg ist auf das Jahr 780 anzusetzen, während die neue nicht älter als 800 Jahre ist, also im Anfang des zwölften Jahrhunderts gebaut wurde. Einige Geschichtsforscher behaupten, die alte Feste habe auf der Stelle gestanden, wo heute das Burghaus Mauel steht; andere wieder verlegen sie, und das ist wahrscheinlicher, auf die Südkuppe des Berges, wo noch alte Mauerreste vorhanden sind.

Auf dieser Burg herrschte, wie die Sage berichtet, zu Anfang des zwölften Jahrhunderts ein Grafengeschlecht mit Namen "von Windeck". Der letzte Stammherr dieses Geschlechtes war ein Graf Konrad von Windeck, von dem folgende Sage überliefert ist:

Bertha, die Tochter Konrads, und Heinrich von Waldenfels, ein häufiger Gast des Grafen, liebten sich sehr. Als nun Heinrich bei Konrad um Berthas Hand warb, wurde er abgewiesen und der strenge Vater wollte sie ins Kloster schicken. Heinrich erfuhr durch einen Getreuen diesen Plan und entführte kurz entschlossen seine Geliebte. Die Flucht wurde verraten, und bald war ihm Konrad mit seinen Rittern hart auf den Fersen. In seiner Bedrängnis wusste Heinrich nichts anderes zu tun, als mit Bertha von einer hohen Felskuppe aus in die Sieg zu springen, wo sie auch den Tod fanden. Als Konrad dieses sah, wusste er vor Leid nicht aus noch ein, denn Heinrich war sein Sohn aus einer verbotenen Liebschaft und also der Bruder Berthas. Dieses Geheimnis wollte er mit ins Grab nehmen. Wenige Tage später starb er an gebrochenem Herzen. So büsste er durch seine Hartherzigkeit und seinen Stolz sein Leben und schickte seine Kinder in den Tod.

Der erste geschichtlich nachzuweisende Beherrscher der alten Burg Windeck war ein Graf von Bilstein. Von diesem kam sie an den Grafen Giso von Gudensberg, der die Erbtochter Kunigunde von Bilstein heiratete. Die Tochter aus dieser Ehe, Hedwig, vermählte sich mit dem Landgrafen Ludwig III. von Thüringen. Jetzt fiel Windeck Heinrich Raspe dem Älteren, dem Sohne Ludwig III. aus erster Ehe, als Erbe zu. Unter ihm ist auch erstmalig die Rede von zwei Burgen Windeck. Wie er in den Besitz der neuen Burg gekommen ist, vermag heute kein Geschichtsforscher mehr zu sagen.

Urkundlich wurde die neue Feste von Kaiser Friedrich I. am 21. Februar 1174 an den Grafen Engelbert I. von Berg übergeben. Heinrich Raspe behielt sich aber das Obereigentum über die Burg vor. Windeck wurde dem Grafen Engelbert unter folgenden Bedingungen übergeben: Er musste den Thüringern in allen Kämpfen, ausser gegen den Kaiser und den Erzbischof von Köln, beistehen. In solchen Fehden unterstand die Burg mit allen Insassen dem Lehnsherrn. Der Burgvogt musste schwören, sie nach dem Tode Engelberts wieder an Thüringen zurückzugeben.

Die Grafen von Berg hatten ihr Heimatschloss auf der Burg Altenberg, dort, wo heute der Altenberger Dom steht. Später verlegten sie ihren Sitz nach Burg an der Wupper und bauten sich dort eine neue, starke Feste auf, die als Stammschloss der Grafen von Berg anzusehen ist. Als das spätere Herzogtum an Macht und Land zunahm, wurde Düsseldorf der Regierungssitz, wo auch heute noch ein Denkmal eines Grafen Adolf von Berg steht.

Graf Engelbert I. begleitete Friedrich Barbarossa auf seinem Kreuzzug 1189. Er war bei des Kaisers Tod im Flusse Saleph zugegen und folgte kurze Zeit später, von einem Dolchstoss getroffen, seinem Kaiser in den Tod. Jetzt fiel Windeck, den Bedingungen gemäss, wieder an Thüringen. Der Erzbischof von Köln aber, Philipp von Heinsberg (1167-1191) aber kaufte von Ludwig III. und seiner Schwiegertochter Jutta, der Witwe Heinrich Raspes, das Obereigentum über Windeck für 3700 Mark Silber ab. (Eine Mark Silber ist nach heutigem Geld 200 Mark). Sein Nachfolger Bruno von Berg (1191-1193) zahlte noch einen Teil der Kaufsumme an den Grafen Dietrich von Landsberg, dem zweiten Gemahl Juttas.

Erst Erzbischof Adolf von Altena trug den Rest ab und belehnte 1197 den oben genannten Grafen Dietrich von Landsberg mit Windeck. Er bekam das Lehen unter sehr günstigen Bedingungen, denn er brauchte keine Steuern zu bezahlen und keine Heerfolge zu leisten. Die Vögte aber mussten dem Erzbischof von Köln den Treueid schwören. Um 1200 war nun Windeck endgültig im Besitz des Kölner Erzbistums. Nach dem Tode Dietrichs von Landsberg wurde das Lehen an seine Tochter Mechthilde und deren Gemahl Graf Heinrich III. von Sayn weitergegeben.

In der Folgezeit entspannen sich heftige Streitigkeiten um das Obereigentum über Windeck. Gräfin Mechthilde von Sayn, Graf Heinrich von Thüringen und Brabant, der die Landgräfin Sophia von Thüringen, Tochter der hl. Elisabeth, geheiratet hatte, Graf Gerhard von Wildenburg und das Erzbistum Köln standen sich mit ihren Ansprüchen gegenüber.

Auch Heinrich Raspe der Jüngere erhob Ansprüche, die ihm aber Graf Heinrich von Limburg und Berg, der Nachfolger des regierenden Grafen und Kölner Erzbischofs Engelbert II. von Berg, schon 1247 abkaufte. Graf Heinrich war mit Irmgard von Berg, der Tochter des Grafen Adolf IV., der 1218 auf einem Kreuzzug vor Damiette in Ägypten gefallen war, vermählt.

Amtsstempel des Amtes Windeck

Heinrich vereinigte in seinem Wappen die Zeichen seiner beiden Herrschaften Limburg und Berg. Es stellte einen quergeteilten Schild dar, in dem oben das Zeichen Limburgs, ein roter Löwe mit blauer Krone, und unten das Zeichen Windecks, ein geharnischter und mit Streitaxt bewährter Krieger war. Dieses Wappen haben auch die späteren Herren von Windeck geführt, und 1936 wurde es dem Amte Dattenfeld als Amtsstempel verliehen. Heinrich von Thüringen und Brabant machte seine Ansprüche dadurch geltend, dass er Adolf V., den Sohn Heinrichs von Limburg und Irmgards, mit Windeck belehnte.

Nach dem Tode Heinrichs einigten sich Adolf V. und Irmgard in einem Vertrag, der von Erzbischof Konrad I. von Hochstaden vermittelt wurde. Adolf bekam 1247 von seiner Mutter, die jetzt im Besitze der halben Grafschaft Berg war, den Besitz Windecks bestätigt. Die alte Burg hatte Mechthilde von Sayn dem Grafen Gerhard von Wildenburg zum Lehen gegeben. Gerhard aber verkaufte seine Anrechte 1267 an Adolf V. Hierdurch besass Berg beide Burgen Windeck, deren ältere von jetzt ab ganz aus der Geschichte verschwindet. Niemand vermag zu sagen, ob sie in einer Schlacht zerstört oder von Adolf selbst abgebrochen wurde.

Adolf war also seit dem Jahre 1267 endgültiger Besitzer von Windeck. Aber noch immer erhoben einige Ritter Ansprüche auf die Burg. Die Ritter Hermann Spiegel von Densenberg und Konrad von Elverfeld gaben an, sie hätten Anrechte auf den Turm, das Tor, und die Schlüssel Windecks. In der Urkunde heisst es: quod se dicebant habere in turri, porta et calvibus apud Windecke. Es kam im Jahre 1264 zu einer Schlacht auf dem Breitenfelde zwischen Dattenfeld und Windeck, in der Graf Adolf siegte. Nach einer Sage war der Kampf so mörderisch, dass die Krieger bis über die Knöchel im Blute gewatet hätten.

Während der Regierungszeit des Kölner Erzbischofes Siegfried von Westerburg war Graf Adolf VI., der Sohn Adolfs V., fast immer in Streitigkeiten mit ihm verwickelt. Am 7. April 1277 wurde in Deutz ein grosses Bündnis gegen Siegfried von Westerburg und Graf Reinald von Geldern geschlossen, an dessen Spitze Bischof Simon von Paderborn stand. In den ersten Jahren war Siegfried in allen Schlachten siegreich und war einer der mächtigsten Fürsten am Rhein.

Aber bald wendete sich sein Schlachtenglück. Adolf VI. zog mit allen wehrfähigen Männern seines Landes aus, um Herzog Johann I. von Brabant, dem er seine Rechte auf Limburg übertragen hatte, gegen den Erzbischof von Köln zu unterstützen. Der Führer seines Heeres war sein Bruder Heinrich, Herr auf Windeck. Am 5. Juni 1288 trafen sich die feindlichen Heere auf der Ebene von Worringen bei Köln. Auf beiden Seiten wurde mit grösster Erbitterung gekämpft. Nur durch den tapferen Einsatz der bergischen Bauern und Ritter, die von dem Laienbruder Walter Dodde angeführt wurden, konnte die Schlacht für Herzog Johann entschieden werden. Nach einer Urkunde ist dieser Kampf der blutigste gewesen, der je am Niederrhein ausgefochten worden ist.

Der unterlegene Erzbischof Siegfried von Westerburg wurde Adolf VI. ausgeliefert und zwölf Monate auf der Burg Burg an der Wupper gefangen gehalten. Es wurde ihm nicht gestattet seine Rüstung abzulegen, damit es nicht heissen sollte, der Graf von Berg halte einen Priester gefangen. Am 19. Mai 1289 kam es zwischen Adolf und dem Erzbischof zu einem Vertrag. Heinrich, Herr auf Windeck erhielt das kölnische Erzkämmerer-Amt von Siegfried zum Lehen. Er hatte dieses Amt aber nur ein paar Jahre inne, da der Erzbischof mit Einverständnis des Papstes den Vertrag brach. Nach einem Besuch Siegfrieds auf der Burg Bensberg, gab ihm Adolf mit vier Knechten auf seiner Heimreise das Geleit. Bei Deutz wurde er aber überfallen und nach der erzbischöflichen Burg Brühl gebracht. Von hier aus wurde er nach Lechenich geschleppt und musste dort während seiner dreizehnmonatigen Haft unsägliche Qualen erleiden. Er wurde erst entlassen, als Herzog Johann und seine Freunde zum Kampfe gegen Siegfried rüsteten. Am 28. September 1296 starb er in Burg an der Wupper. Er hinterliess keine Kinder und so trat nach ihm sein Bruder Wilhelm I von Berg die Regierung an.

Wilhelm starb auch kinderlos, und Heinrich, Herr auf Windeck, wurde von 1308 - 1310 Herrscher des bergischen Landes. Ihm folgte sein Sohn Graf Adolf VII. Später wurde Windeck zeitweilig nur noch den jüngeren Söhnen der Grafen von Berg bewohnt, die 1380 von König Wenzel zu Herzögen erhoben wurden.

Unter den Nachfolgern Adolf VII, hauptsächlich unter Wilhelm II von Berg, ging das Herzogtum sehr zurück. In der Schlacht bei Cleverham gegen die Grafen von Cleve und von der Mark wurde Wilhelm gefangen genommen. Er besass nicht mehr die Mittel, das Lösegeld aufzubringen. Er wurde erst aus der Haft entlassen, als er die Burg Windeck verpfänden liess.
Auch seine späteren Fehden gingen unglücklich für ihn aus, so dass er zuletzt nicht mehr Herr in seinem eigenen Lande war. Fast alle seine Burgen wurden verpfändet, und seine Ritterschaft sagte ihm ihre Lehnspflichten auf. Sie betrachteten sich in ihren Lehen als Landesherren und führten Kriege auf eigene Faust. In zahlreichen Sagen werden sie als Raubritter und Bauernschinder bezeichnet, die ihren Besitz durch Überfälle zu vergrössern suchten.

Aber nicht nur seine eigenen Lehnsleute, sondern auch die Nachbarfürsten fanden die Gelegenheit günstig, ihre Raub und Mordlust im bergischen Lande zu befriedigen. So trieben die Grafen von Cleve und von der Mark im Norden des Herzogtums ihr Unwesen, während im Süden die Grafen von Sayn, Heinsberg und Nassau hausten. Es war eine Zeit, in der weder Recht noch Gesetz Gültigkeit hatte.

In dieser furchtbaren Zeit kam Wilhelms zweiter Sohn Adolf VIII. von dem Hofe von Nancy zurück. Er hatte sich vorgenommen das ganze bergische Land wieder zurückzuerobern. Schon bald hatte er ein Heer um sich versammelt und zog gegen die Grafen von Cleve und von der Mark. Sie wurden besiegt und aus dem Lande getrieben. Durch sein Kriegsglück scharten sich immer mehr Freunde um ihn, und deshalb konnte er schon bald versuchen die Besitzungen, die sein Vater nach der Schlacht bei Cleverham abgeben oder verpfänden musste, wieder zu erobern. Die Grafen von Sayn und Heinsberg trieb er über die Sieg und belagerte die Burg Windeck. Nach wenigen Tagen konnte er sie schon besetzen. Adolf war nun durch sein ausserordentliches Kriegsglück ein gefürchteter Fürst im Reiche, und er schreckte nicht davor zurück, mit der mächtigen Stadt Köln eine Fehde zu beginnen. Er verlegte ihr alle Handelswege und befahl seinen Bundesgenossen, durch Wegelagereien den Verkehr zur Stadt zu stören, und das Gebiet zu verheeren.

Köln, eine Stadt die auf den Handel angewiesen ist, liess sich die Absperrung seiner Zufahrtswege natürlich nicht gefallen und vergalt Gleiches mit Gleichem. Im Jahre 1402 wurde endlich Frieden geschlossen. Durch seine grossen Erfolge und durch die Schmeicheleien falscher Freunde und Günstlinge wurde er zuletzt so übermütig, dass er sich nicht scheute, sich an seinem eigenen Vater zu vergreifen. Er gab vor, Wilhelm sei geistesschwach, liess ihn auf der Feste Neuenburg festsetzen, und rief sich selbst zum Herzog von Berg aus. Wilhelm entkam aber mit Hilfe eines ihm befreundeten Ritters und floh nach Köln. Der Erzbischof und die Kölner Bevölkerung hiessen ihn freundlich willkommen, natürlich nur, um Adolf zu kränken.

Adolfs Mutter, Anna von der Pfalz, veranlasste bei Kaiser Ruprecht, dass die Acht über ihn ausgesprochen wurde. Köln sah hierin eine Gelegenheit sich zu rächen und erbot sich, die Acht zu vollstrecken. Adolf machte sich nicht viel daraus und jagte die Angreifer nach einer grossen Schlacht wieder aus seinem Herzogtum. Im Jahre 1405 wurde die Acht wieder aufgehoben, da sich Adolf II. von Cleve, der Weise, für einen Vertrag zwischen Vater und Sohn einsetzte. Wilhelm erhielt die Länder südlich der Wupper, also Windeck, Blankenberg und Bensberg. Adolf dagegen bekam die Besitzungen zwischen Wupper und Ruhr.

Hierauf wandte er sich erneut mit Krieg gegen die Kölner und trieb wieder dasselbe Unwesen wie vorher. Nun aber setzten die Kölner mit einem grossen Heer über den Rhein und schlugen ihn in einer mörderischen Schlacht. Adolf konnte sich noch eben in einer Mönchskutte retten. Zehn Tage lang verheerten und verwüsteten die Scharen des Erzbischofs das bergische Land Als Adolf mit einem starken Heer zurückkam, waren sie schon wieder mit reicher Beute auf der anderen Rheinseite. Sofort verfolgte er sie und zahlte ihnen mit gleicher Münze heim. Im Jahre 1406 wurde endlich zwischen den beiden Rivalen Friede geschlossen.

Am 23. Januar 1408 starb Wilhelm I., und Adolf wurde alleiniger Herrscher im Lande Berg. Während seiner Regierungszeit war selten Frieden in seinem Herzogtum. Er mischte sich in alle Angelegenheiten, ob er ein Recht dazu hatte oder nicht. Seine letzte Fehde gegen die Grafschaft Baar lief unglücklich für ihn aus. Er beanspruchte die Grafschaft für seinen Sohn, da seine Gemahlin die Erbtochter aus diesem Geschlechte war. Als man auf seine Forderungen nicht einging, versuchte er das Land mit Waffengewalt zu erobern. 1424 wurde er gefangen genommen und erst nach einem Jahr unter der Bedingung wieder freigelassen, dass er auf seine Rechte an der Grafschaft Baar verzichte.

Durch die vielen Kriegszüge und durch die glänzende Hofhaltung wurde Adolf tief in Schulden gestürzt. Immer häufiger mussten die Amtmänner die Untertanen um Geld Unterstützung bitten, da es noch keine regelmässigen Steuern gab. Ein Gut und eine Burg nach der anderen wurden verpfändet, damit der Herzog und seine Günstlinge ihren Gewohnheiten weiter fröhnen konnten. Später zog sich Adolf in ein Kloster zurück. In dieser Zeit kamen die Edlen des Landes in Opladen an der Wupper zusammen, um dem Herzogtum neue Gesetze zu geben. Sie entwarfen das "Opladener Ritterrecht", nach dem kein Landesherr einen Krieg führen und keine Burgen oder Güter verpfänden darf ohne die Einwilligung seiner Untertanen. Adolf beschwor die Verfassung, blieb aber bis zu seinem Tode am 14. Juli 1437 im Kloster St. Martin in Köln.

Durch die allgemeine Steuer, die jetzt erhoben wurde, konnte die Burg Windeck und das ganze Herzogtum Berg schuldenfrei gemacht werden. Erst danach trat Adolfs Nachfolger, sein Neffe Gerhard VII. von Jülich und I. von Berg, die Regierung an.

In den folgenden Jahrzehnten blieb das Amt Windeck fast ganz von Kriegen verschont. Durch das "Opladener Ritterrecht" wurde den Wegelagerern und denjenigen, die schon bei der geringsten Veranlassung das Schwert zogen, das Handwerk gelegt. Statt dessen begann jetzt die juristische "Federfuchserei". Mancher, der das damalige Recht nicht genügend kannte und sich einem Advokaten anvertraute, wurde von ihm betrogen und oft in tiefe Schulden gestürzt. Solche Prozesse haben den Wohlstand vieler angesehener Familien zerstört.

Im Jahre 1632 verheerte wieder der Krieg die bergischen Lande. Die Schweden rückten unter dem General Baudissin ins Siegtal ein und belagerten Windeck. Nach wenigen Tagen wurde die Burg schon erstürmt, da nicht genügend Kriegsmaterial und Lebensmittel zur Verfügung standen. Vier Jahre lang hielten die Schweden Windeck besetzt und machten durch ihre Raubzüge die ganze Gegend unsicher. 1636 zogen sie ab und die Feste wurde dem Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm übertragen. Er ließ sie durch den Amtmann von Nesselrode in einen besseren Verteidigungszustand setzen. Dieses geht aus einem Schreiben vom 14. Juni 1645 an den Amtmann von Windeck hervor. Er befahl ihm, die Burg mit genügend Lebensmittel zu versorgen und die Mannschaft um 20 bis 30 Mann zu erhöhen. Den militärischen Befehlshaber der Burg, den Marschall von Weschpfennig solle er beauftragen, das Kriegs- und Schießmaterial in Ordnung zu halten, denn er habe erfahren, daß der Feind beabsichtige, Windeck einzunehmen. Drei Tage später berichtet Nesselrode dem Pfalzgrafen, Weschpfennig habe für die Vervollständigung der Mannschaft gesorgt und fünf Tonnen Pulver mit den nötigen Lunten sichergestellt. Der Schultheiß von Rosbach sei damit beauftragt, die Lebensmittel herbeizuschaffen.

Wirklich rückten im Januar 1646 die Schweden und Hessen vom Sauerlande aus ins Siegtal ein und belagerten Windeck. Sie beschossen mehrere Tage lang die Burg von einer höher gelegene Bergkuppe aus, die noch heute den Namen Schwedenschanze trägt. In der Nacht vom 24. zum 25. Februar erstürmten sie die Feste und töteten alle Burginsassen, nachdem sie den Turm und ein grosses Stück der Ringmauer durch Minen gesprengt hatten. Schon im Mai versuchten die Kaiserlichen Windeck zurück zu erobern; bis sie sich im Dezember 1647 dem General von Lamboy aus Mangel an Lebensmittel und Pulver ergeben mussten. Unter dem kaiserlichen Obersten Heinrich von Plettenberg wurde nun die Burg vollends zerstört. Die achtzehn Meter hohe und drei Meter dicke Mauer, die mit zahlreichen Wehrtürmen versehen war, wurde abgerissen und drei hohe Türme gesprengt. Nur eine Hälfte des Bergfriedes blieb erhalten, die noch heute Zeuge der einstmals so mächtigen Burg ist.

Kunde von der völligen Zerstörung der Burg gibt uns ein Schreiben des Richters und Rentmeisters von Windeck, Theodor Kamp, an seinen Lehnsherrn dem Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm. Letzterer hatte ihn aufgefordert, ihm den Zustand der Burg zu schildern. Kamp berichtete ihm, an eine Wiederherstellung der Burg sei wegen des ungeheueren Kostenaufwandes gar nicht zu denken, denn es sei ausser der Kapelle und einiger Wirtschaftsgebäude nur noch Schutt und Ruinen übrig. Er bäte nur darum, die Nebengebäude wiederherstellen zu lassen, damit nach wie vor Gericht in Windeck abgehalten werden könne. Auch für den Amtsverwalter müsse eine neue Wohnung gebaut werden. Schon in demselben Jahre befahl der Pfalzgraf, die Wiederherstellung dieser Gebäude zu beginnen, Das Amt Windeck musste dafür 800 Reichstaler aufbringen.
In dem vom französischen König, Ludwig XIV., entfesselten holländische Krieg (1672-1678) wurde das, was noch erhalten geblieben oder wieder aufgebaut worden war, vollends zerstört. Überhaupt das ganze bergische Land wurde in diesem Kriege stark in Mitleidenschaft gezogen.

1672 wurde Deutz und Kaiserswerth von den Franzosen erobert, und sie schlugen dort ihr festes Lager auf. Von diesen beiden Stützpunkten unternahmen sie ihre Raub und Beutezüge bis weit ins bergische Land, denen auch der Rest Windecks zum Opfer fiel. Zunächst haben die Bewohner der umliegenden Ortschaften die Bauten noch verteidigt; aber schon nach wenigen Tagen zerstörten die plündernden Franzosen die noch stehenden Gebäude durch Feuer. Der Gerichtssitz des Amtes Windeck wurde nach der Zerstörung des Amtshauses Rosbach und später Waldbröl. Denklingen wurde Amtssitz und blieb es bis zur Franzosenzeit 1806.

Eine Burg war im Grunde genommen nur ein militärischer Stützpunkt. Sie unterstand einem Burgvorsteher und den Burgleuten. Der Vorsteher hatte die Oberaufsicht und die Obergewalt über die Burg. Er musste einen Eid leisten und erhielt ein Lehen, weshalb er ritterbürtig oder Knappe sein musste. Auch die Burgleute waren meist ritterbürtig. Diese befehligten die Burgmannschaft. Die Mannschaften hatten ihre Wohnungen auf der Burg. Burgleute vornehmen Standes erhielten die Vergünstigung sich vertreten zu lassen. Da sich um die Burg allmählich ein immer grösserer Kreis von Gütern und Lehen bildete, war sie auch Mittelpunkt der Verwaltung, die sich später als Amtsverwaltung entwickelte. Hiermit änderte sich auch der Titel des Burgvorstehers in den des Amtmannes. Die Amtmänner erhielten eine ausgedehnte polizeiliche Gewalt zur Aufrechterhaltung des Landfriedens.

Dieser Amtmann übte mit einem Gerichtsschreiber und zwei Schöffen die Gerichtsbarkeit aus. Dieses Gericht war die erste Instanz in bürgerlichen Rechtsfällen. In Kriminalfällen (Totschlag, Körperverletzung usw.) hielt es Notgerichte oder Notgedinge ab, bei denen Zeugenvernehmungen vorausgingen. Später wurde Windeck der Sitz eines Fehmgerichtes. Gewöhnlich wurde dieses heimliche Gericht an einem steinernen Tische im Freien abgehalten, auf dem über Kreuz ein blankes Schwert und der aus Weiden gedrehte Strick lagen. Das Urteil über Leben und Tod fällten die Freigrafen und die Freischöffen. Die Losung waren die vier Buchstaben S. S. G. G. (Strick, Stein, Gras, Grein). Als die Fehmgerichte immer mehr zunahmen, wehrten sich die Fürsten dagegen und sagten sich von dem Banne der "Veme" los. In Westfalen haben sich die letzten Reste des Freistuhles bis gegen Anfang des 19. Jahrhunderts erhalten. In preussischer Zeit war Windeck staatliche Domäne.

Im Jahre 1852 kaufte Herr Landrat Danzier aus Mühlheim a. Rh. den heutigen Schlossberg von Windeck. Auf dem westlichen Flügel der Burg liess er ein wunderbares Bergschloss im mittelalterlichen Stil errichten. Der neue Bau nimmt den noch am besten erhaltenen Teil der alten Feste ein. Er wird durch einundzwanzig Meter hohe Strebepfeiler gestützt. Vor dem Schloss liegt eine halbkreisförmige Terrasse, von der man eine schöne Aussicht nach allen Seiten hat. Im Westen sieht man in der Ferne ganz verschwommen das Siebengebirge und im Osten die Bergrücken des Westerwaldes. Leider ist. dieses schöne Schloss am 31. März 1945 durch Artilleriebeschuss zerstört worden.

Das durch Artillerie zerstörte Schloß Windeck.

Benutzte Quellen:
Ernst Weyden: Das Siegtal.

Josef Joesten: Schloss Windeck an der Sieg.
Oswald Gerhard: Zur Geschichte der rheinischen Adelsfamilien.
Einige von dem verstorbenen Lehrer Hoffmann aus Rosbach, verfasste Zeitungsartikel.

 

Weiterführende Infothek-Artikel zu Schloss Windeck:

Schloß und Ruine Windeck um 1903

Ein Leben zwischen Palermo und Schloss Windeck

Der Untergang von Schloss Windeck

"Mein Windeck ist tot"

 

Bahnstraße 3
Windeck, Nordrhein-Westfalen.
Deutschland ,51570

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