ENTSTEHUNGSGESCHICHTE
Die WiWa-Gründungsmitglieder vor Haus Schladern
Meine beiden Familienzweige Kleinjohann (s. ca. 1860)/Langen (s. 1913) gehören zu den alten Schladerner Familien. Nach dem Tod meiner Eltern fehlten bei jedem meiner häufigen Friedhofsbesuche Gräber. Längst sind ganze Reihen verschwunden. Nun ist das der Lauf der Zeit, aber ich bedauerte es trotzdem. Dabei sind es nicht die Gräber meiner Familie, die mir fehlten, es sind die Gräber der Menschen, die ich in meiner Kindheit und Jugend kannte. Meine Familie trage ich im Herzen, aber die weniger nahen Menschen, die sind es, die ohne Gedankenstütze sehr schnell gänzlich aus dem kollektiven Gedächtnis entschwinden, als hätte es sie nie gegeben. Dieses Vergessen störte mich. Heute ist der sehr engagierte Friedhofsverein erfreulicherweise dazu übergegangen, alte Grabsteine zu bewahren.
Ein anderer Aspekt war der, dass Schladern durch den Bahnbau 1860 bis heute ein beliebter Anzugspunkt für Neubürger ist. Sie sind besonders wichtig, weil sie frischen Wind ins Gemeingefüge bringen. Es gibt nur noch wenige alte Schladerner, die von früher erzählen können. Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann so also leicht den Eindruck gewinnen, er lebe in einem Ort ohne Geschichte. Dabei ist Schladern ein begehrter Wohnort für Neubürger und Anzugspunkt für Touristen. Die Leute leben hier und fahren zur Arbeit, mit wenigen Ausnahmen gibt es keine Geschäfte mehr. Ein unschlagbarer Pluspunkt ist das Bürger- und Kulturzentrum kabelmetal, das sich seit 2013 fest etabliert hat mit einem hervorragenden Angebot an Veranstaltungen.
Als ich 2017 beruflich mit Frank Christgen und Jürgen Orthaus von der KulturInitiative Windeck, KIWi, zu tun hatte, kam das Gespräch auf die Frage nach einem speziellen Projekt für Bürger auf. Ich erzählte, wie bedauerlich ich es fände, dass insbesondere die interessante Geschichte Schladerns weitgehend verloren zu gehen drohe. Meine Vision sei lokale Ortsgeschichte anhand einer Straßenkarte für alle Bürger einsehbar auf einer Plattform im Internet zu bewahren. Diese Idee fiel auf fruchtbaren Boden.
Wenige Tage später hatten Thomas Weber, Jürgen Orthaus und ich eine erste Lagebesprechung vereinbart. Weil meine gute Freundin und Nachbarin Birgit Kolb aus Dattenfeld gerade Zeit hatte, ging sie mit. Es war die Geburtsstunde von WiWa. Birgit war es auch, die den Namen „Windeck im Wandel“ erdachte, während sie in ihrem Garten herumkratzte. Windeck wählten wir, weil wir ortsübergreifend arbeiten, der Wandel ist noch bedeutender, denn wir wollen nicht in der Vergangenheit stehen bleiben nach dem Motto „damals war alles besser“, wir wollen auf dem Wissen um die Vergangenheit unsere Zukunft mit möglichst vielen anderen Menschen gestalten, egal, aus welchem Ort oder Land sie kommen.
Wir starteten eine Presseaufruf und machten Mund-zu-Mund-Propaganda. Im September 2017 kamen rund 12 Personen zum ersten richtigen Treffen. Im Mai 2018 gründeten wir unseren Verein. So wie Material aus anderen Orten bei uns reinkommt, stellen wir deren Geschichte unter einer eigenen Dorfkachel ein. Bei uns kann also jeder etwas zu seiner persönlichen Familien- und Dorfgeschichte beitragen.
Ihre Sylvia Schmidt
1. Vorsitzende von „Windeck im Wandel e. V."