Der Untergang von Schloss Windeck

Text | Weltkriege, Personen, Verschwundene Orte | Sonntag, 08 Mai 2005

Der Untergang von Schloss Windeck

Erschienen im Stadt Magazin Eitorf, Ausgabe Mai 2005

 

Noch im Jahr 1964 zeugten die Überreste von der zauberhaften Schönheit des Schlosses (Bild: Heinz Patt, Dattenfeld)

Der Zweite Weltkrieg ist fast beendet, die letzten Dörfer im damaligen Siegkreis werden von Besatzungstruppen erobert, als das romantische Schloss Windeck, unmittelbar neben der alten Burgruine gelegen, noch in letzter Minute ein Todesstoß versetzt wird.
Am Vormittag des Ostersamstags 1945 schießt amerikanische Artillerie aus Richtung Leuscheid das Windecker Bruchsteinschlösschen mit Phosphorgranaten in Brand. Granaten prasseln auf den Schlossberg und in die mittelalterlichen Burgreste ein, bis sie schließlich ihr eigentliches Ziel treffen, das mit rotem Bieberschwanz gedeckte Dach; Schloss Windeck brennt lichterloh.

Trotz strengsten Verbots des schwer kranken und bettlägerigen Waldemar Caminneci eilt seine 21jährige Tochter Vera auf den Schlossberg, um zu retten, was vom Familienbesitz noch zu retten ist. Sie ist Mitglied der Frauenfeuerwehr (die Männer waren im Krieg), doch diese führt aufgrund der zunehmenden Feindeinwirkung und der Beschießung der Zivilbevölkerung durch Tiefflieger auf offener Straße keine Löscheinsätze mehr durch. Gemeinsam mit einigen älteren Windecker Männern versucht sie die Brandherde im Dach- und Obergeschoss von Schloss Windeck zu löschen.

Unter schwersten Bedingungen verlaufen die Lösch- und Rettungsarbeiten. Dabei stellt sich heraus, dass die Mieter des vollmöblierten Schlosses, entgegen der Absprache, das Schloss mit ihren eigenen Möbeln eingerichtet haben. Die Möbel der Eigentümer sind im Dach- und Obergeschoss gelagert und verstopfen den Zugang für die Löscharbeiten.

Geistesgegenwärtig reißen die Helfer Gardinen aus den Vorrichtungen, nur ein Feuerwehrhelm und die nassen Vorhänge schützen sie vor dem brennend herunter tropfenden Phosphor. Ihre Bemühungen den Brand unter Kontrolle zu bekommen, sind nur teilweise erfolgreich. Ein Großteil der ineinander verschachtelten Möbel fällt dem Raub der Flammen zum Opfer: alte bergische und italienische Möbel, Gemälde, Teppiche, Porzellan, Kristall, Bücher, Fotos, Dokumente und weiteres Inventar gehen in Flammen auf. Nur erreichbare Möbel können ins Freie getragen und auf dem Schlosshof gelagert werden.

Lassen die aufsteigenden Rauchwolken aufgrund der Löscharbeiten nach, schlagen schon wieder neue Granaten in den Dachstuhl ein. Zudem lässt sich das Phosphor der Granaten nicht mit Wasser löschen. Die Rettungsbemühungen sind verzweifelt, immer wieder ist die „Löschmannschaft“ gezwungen, sich hinter dem Bergfried der alten Burgruine in Sicherheit bringen. Trotzdem gelingt es verschiedene Barockmöbel, italienische und bergische Schränke und Truhen, deutsche und venezianische Gemälde und den kostbaren Steinway-Konzertflügel von Arnoldine Caminneci dem Flammenmeer zu entreißen. Mangels Transport- und Unterbringungsmöglichkeiten werden diese Gegenstände völlig ungeschützt für viele Tage auf dem Windecker Schlosshof gelagert.

Arnoldine Caminneci, hier auf einem Gemälde aus dem Jahr 1893, starb wenige Monate nach der Zerstörung ihres geliebten Schlosses

Das Schloss

Das 1859 erbaute Schloss brannte bereits 1881 aus und wurde Jahre später wieder errichtet. Im Jahr 1899/1900 nahm in schwierigem Gelände die renommierte Baufirma Franz Poppel aus Schladern einen Erweiterungsbau auf die doppelte Größe (Richtung Westen) vor.
Das Schloss wird nun mit Koks-Zentralheizung, die Böden mit Parkett, die Wände mit farbigen Stofftapeten ausgestattet, Küche und Speisesalon mit Speiseaufzug verbunden und die Küche mit modernen Haushaltsgeräten ausgestattet. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts liefert die Firma Elmore’s aus Schladern den Strom, fließend Wasser und Telefonanschluß erleichtern das Leben. Der Schlosshof ist mit dem Pkw erreichbar. Nach dem Tod des letzten Schlossbesitzers, Andrea Caminneci, Bankierssohn aus Palermo/Sizilien, im Dezember 1940, mieteten ab 1942 zwei Kölner Familien das Haus.

Bekannte Persönlichkeiten gingen in Schloss Windeck ein und aus. Kronprinz Wilhelm, der Sohn von Kaiser Wilhelm II, war ein gern gesehener Gast. Bild: Familienarchiv Caminneci

 

(sc)

 

Ruine Burg Windeck
Windeck, Nordrhein-Westfalen.
Deutschland ,51570

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