Letzte Feldpost an die Mutter bis heute erhalten

Zeitungsartikel | Weltkriege, Personen | Sonntag, 23 Mai 1915

Letzte Feldpost an die Mutter bis heute erhalten

Vor einhundert Jahren fiel Quintino Caminneci von Schloss Windeck im Ersten Weltkrieg

 

Ein mehr als einhundert Jahre altes Foto zeigt den blutjungen Quintino Caminneci mit Pickelhaube in der Uniform des Kürassier-Regiments „Graf Gessler“ (Rheinisches) Nr. 8. Der junge Mann war der jüngste der fünf Söhne der damaligen Eigentümer von Schloss Windeck in Altwindeck.

Im Jahr 1910 hatte er eigens die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt, um diesem Regiment beitreten zu können. Seine deutsche Mutter Arnoldine hatte bei der Heirat mit dem italienischen Bankierssohn Andrea Caminneci aus Palermo die italienische Staatsbürgerschaft angenommen. Sie war Tochter und Erbin des ehemaligen Landrats des Kreises Waldbröl, Oscar Danzier, der 1859 das Schloss als Sommersitz erbaut hatte. Fünf Jahre nach Quintinos Eintritt bei den Deutzer Kürassieren erhielt die Familie Caminneci die Nachricht, dass der 24-jährige als Leutnant und Kompagnieführer am 23. Mai 1915 in der Lorettoschlacht an der Westfront in Frankreich für sein Vaterland auf dem „Feld der Ehre“ gefallen war. Ein Schicksal, das damals unzählige Familien teilten.

So wie Quintino Caminneci zogen die meisten deutschen jungen Männer 1914 in den Ersten Weltkrieg. Am 23. Mai 1915 fiel der Leutnant im Kürassier-Regiments „Graf Gessler“ Nr. 8 und Compagnieführer in einem Infanterie Regiment als Träger des Eisernen Kreuzes. Foto: Familienarchiv Caminneci

Im Familienbesitz seiner Nichte Vera Lwowski, geborene Caminneci, gibt es einige Erinnerungsstücke an den früh Gefallenen. Besonders anrührend ist der letzte Feldpostbrief, den der junge Mann zwei Tage vor seinem Tod „An meine liebe Mama“ geschrieben hatte. Der Brief erreichte die Mutter nach seinem Tod. Aus den wenigen Worten, die Arnoldine Caminneci auf das Kuvert schrieb, an dem bis heute das schwarz-weiße Band seines „Eisernen Kreuzes“ heftet, lässt sich ihr Schmerz ablesen. „Letzter Brief von meinem Tino“. Außerdem verfügte sie 1934, was mit dem Brief geschehen soll: „Bitte diesen Brief in meinen Sarg zu legen“. Diesen Wunsch änderte sie, als Schloss Windeck Ostern 1945 von amerikanischen Phosphorbomben in Brand gesetzt worden war. Mit schwarzer Tinte hielt sie fest „Verwahrt diesen Brief als Heiligtum“. Bis heute hat die Nichte dem Wunsch entsprochen.

Einen Tag vor Deutschlands Kriegserklärung an Serbien im Jahr 1914 hatte Quintino noch an die Eltern geschrieben „Ich gehe freudig in den Krieg und hoffe nun meine Pflicht getan zu haben.“ Zu dieser Begeisterung mag der persönliche Kontakt zu Kronprinz Wilhelm von Preußen beigetragen haben, der am Bonner Wohnsitz der Caminnecis in der Wörthstraße direkter Nachbar und gern gesehener Gast auf Schloss Windeck war. Erhalten ist ein Geschenk des Kronprinzen an Quintino, ein Aschenbecher mit der Widmung „Tino Weihnachten 1913“.

Bis Ende des Zweiten Weltkrieges erinnerte das Bronze-Relief an einer Burgmauer der Windecker Ruine an den jüngsten Sohn der Familie Caminneci. Foto: Familienarchiv Caminneci

Aktuell ist ein Bronzerelief des Quintino Caminneci in der Deutzer Kürassier-Uniform unter dem Titel „Vom Abbild und Feindbild“ in der neuen Ausstellung „Achtung Preußen! Beziehungsstatus: Kompliziert – Köln 1815-2015“, bis Oktober im Kölnischen Stadtmuseum als Leihgabe zu sehen. Die Familie hatte nach seinem Tod den in Berlin tätigen bekannten Bildhauer Hermann Fuchs mit dem Entwurf des Porträtreliefs beauftragt. Die Ausführung der Bronze wurde an die bis heute berühmte Berliner Bronzegießerei Noack vergeben, die schon das monumentale Kaiser-Wilhelm-Denkmal vor dem Berliner Schloss angefertigt hatte. An einer Mauer des Windecker Anwesens hing das Bronze-Konterfei dann dreißig Jahre lang auf einer Steinplatte als privates Erinnerungsstück, bis die vorrückende amerikanische Truppe es 1945 als ein Zeugnis für das Feindbild des preußischen Militarismus mit Bajonetthieben traktierte.

Heute ist nur noch die Inschrift in Stein gemeißelt zu erkennen. Foto: Familienarchiv Caminneci

Um es vor weiteren Einwirkungen zu schützen, ließ die Familie es damals abnehmen. Eine in Stein gemeißelte Unterschrift unter der Steinplatte ist bis heute erhalten. Zum einhundertsten Todestag besuchten Großneffe Harald Lwowski und dessen Sohn Konstantin den Ort und brachten dem Onkel einen Rosenstrauß vorbei.

 

(sc)

Ruine Burg Windeck
Windeck, Nordrhein-Westfalen.
Deutschland ,51570

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