Giselas 40. Geburtstag

Text | Dorfgeschichten, Personen, Schulen | Sonntag, 03 November 1974

Von Sylvia Schmidt

Beim Kramen im Nachlass von Heinz Langen habe ich dieses schöne Dokument zum Geburtstag meiner Tante Gisela (Langen) gefunden. Sie führte etwa ab Mitter der 1950er Jahre bis etwa 1977 das Lebensmittelgeschäft in der heutigen Burg-Windeck-Straße 10 in Schladern, das sie von ihrer Mutter übernommen hatte.

Gisela Langen in den 1950er Jahren, im Hintergrund Haus Setzer, Amselweg.

Ich vermute, Heinz selbst wird die Zeilen zum Geburtstag seiner Cousine am 03. November 1972 geschrieben haben. Es gibt einen schönen Einblick, denn alles was im Gedicht auftaucht, ist aus dem Leben gegriffen.

Zu den auftauchenden Personen:

* Lehrer Jakob Schier war bei den Schülern gefürchtet. Er lebte mit seiner Frau Paula im Haus der Fredebeils hinter Bestgens Türmchenvilla am Steiner Weg. Eine Anekdote aus seiner letzten Lebenszeit: Jakob Schier war schon durcheinander. Eines Tages saß vor dem Fernseher, es lief eine politische Sendung mit Willi Brandt und anderen Teilnehmern. Schier forderte er seine Frau auf: „Paula, biete den Herren doch etwas zu trinken an!“

* Margarete Philipp war kunst- und kulturbeflissen, sie lebte im Haus von Gustchen Zahn im oberen Hof.

* Die Damen Sophie Poppel, ihre Schwägerin Elisabeth Schmandt und Frau Burow waren sehr vornehm.

* Brauners hatten Ende der 1960er Jahre das Elternhaus meiner Großmutter gegenüber vom Geschäft gekauft.

*
* Erna Hundenborn lebte im Haus, wo heute Jürgen Jenniges wohnt

* Anna, gemeint ist Anna Becker, die in der Bahnstraße lebte. Ihr Sohn war Pastor. Sie war ziemlich originell und lieferte gute Vorlagen für Geschichten.


Heut‘ genau vor 40 Jahren
Sollte diese Welt erfahren:
Ja, hier ist sie, sie ist da,
unsere liebe Gisela.

In die Schule kommt sie schnell,
denn sie ist im Geiste hell.
Ihr Lehrer ist der alte Schier,
und was das heißt, das wißt nur ihr.

Gisela steht oben links neben Lehrer Schier

Jeden Morgen klopft ihr Herz,
denn die Schule ist kein Scherz.
Gisela lernt gut und fleißig
Und macht Quatsch mit,
ja, das weiß ich.

Einmal nun, das glaubt ihr mir,
ärgert sie den Lehrer Schier.
Grundlos fängt sie an zu lachen,
und das kann man auch nicht machen!
Der alte Schier, vor Wut er rief:
„Das gibt zur Strafe einen Brief!“

Und Gisela voll Angst und Bangen
Gibt ihn dem Vater, dem Johann Langen.
Bald ist Gisela ganz benommen,
denn ihr Vater muss zum Lehrer kommen.

Dieses war der erste Streich,
doch der zweite folgt sogleich:

In Frau Philipps Gruppenstunde
Saß man dort in ernster Runde.
Ganz gespannt hör’n alle zu,
nur die Gisela hat keine Ruh‘.

Wieder hat sie was zu lachen
Über hunderttausend Sachen.
Das ist nun doch wohl zuviel,
im Nu ist aus das böse Spiel.

Gisela war hier es schuld,
daß Frau Philipp verlor die Geduld.

Die Schulzeit ist dann bald zu Ende,
und Gisela geht in’s Geschäft,
dort ist sie fleißig und behende
und sorgt dafür, dass es auch läuft.

Dort hat sie Kunden, die sind froh,
Frau Poppel, Schmandt und auch Burow.
Doch ganz sympathisch ist Frau Brauner,
die täglich kommt, und fragt nicht wie.

Sie ist so sexy wie ein Gauner
Und kauft auch drei Pfund Sellerie!
Für ihren Sohn, so nehm‘ ich an,
der wär‘ so gerne Gisela’s Mann.
Doch Gisela, die will es nicht,
daß man sie sollt‘ vermählen,
und sagt darauf wie’n Bösewicht:
Ihr könnt mir was erzählen!“

Die beste Kundin, glaubt es mir,
die kauft nur Schnaps, und dazu Bier.
Und Gisela verkneift sich’s Lachen,
wenn sie als Geschenk sie muß verpacken
der Erna ihre Stimmungssachen.

Zu Tante Anna die Gisela flitzt,
denn die will bedient werden wie ein Blitz.
Als Gisela mir ihr reden tut,
fragt Tante Anna: „Bin ich hinten juut?“

Manchmal platzt ihr auch im Laden
Ihr gespannter Gemütskragen.
Dann hört man sie sogar fluchen,
das tat ich bei ihr nie suchen.

Bald darauf ist sie dann froh
Und fragt jeden: „Geht es so?“
„Es soll gut sein“, rät sie weiter
Und die Kunden kaufen heiter.

So geht es dann Tag für Tag,
manchmal mit und ohne Plag‘,
Gisela, wir wünschen Dir
Für das neue Jahr das Beste.
Bleib gesund und ohn‘ Maleste,
dann schmeckt Dir sogar ein Bier!

Prost!!

 

 

Burg-Windeck-Straße 10
Windeck, Nordrhein-Westfalen.
Deutschland ,51570

[{"id":"5","value":"2"},{"id":"2","value":["7","10","17"]},{"id":"4","value":"1974-11-03"}]