Meine Windecker Schulzeit

Text | Personen, Schulen | Sonntag, 12 April 1903

Meine Windecker Schulzeit von Josef Höffer - aufgeschrieben im Januar 1980

Geboren am 14.10.1896 kam ich Ostern 1903 in die Schule. Frevels Bernhard, der mehrere Jahre älter war, holte mich ab. Er wohnte in einem der Häuser des Walzwerks, wo mein Vater Meister war. Frevels Bernhard klickerte auch für mich und gewann immer grosse Mengen. Damals war es noch wie zu Zeiten des Alten Fritz, Vormittags und Nachmittags Schule, nur Mittwochs und Samstags Nachmittag waren frei. Auch gab es noch keine Busse. Bis zum Kleinjohanns Häuschen, was aber auch nicht mehr besetzt war, war etwa die Hälfte des Weges. Im ersten Jahr hatten wir noch Lehrer Hüngsberg, im zweiten Jahr Lehrer Lott, der auch wieder wegging. Im dritten Jahr hatten wir Lehrer Oberreuter, der im Herbst 1905 mit uns nach Schladern zog.

 

 

Ich hatte eine Doppeltafel, zusammenschiebbar, lackierte Holzrahmen. Ich hätte lieber eine „richtige“ gehabt wie die andern, einfach mit gescheuertem Rahmen, eine Seite Linien, andere Seite Häuschen. Weil die Däller alle Nähl-Schoh (Nagelschuhe) hatten, wollten wir die auch haben, aber meine Mutter lehnte das ab. Nach langem Drängen kriegten wir auch Nählschoh, aber die Episode hat nicht lange angehalten.


Der Weg ging oberhalb der Landrats Schür vorbei. Auf dem Tor dieser Scheune machte ich meine ersten Mal- und Schreibversuche: Punkt, Punkt, Komma, Strich (weiter habe ich es auch im Malen nicht gebracht, darunter schrieb ich: „das ist schi“. Große Buchstaben waren noch nicht gelernt. Gegenüber der Landrats-Schür war im Garten u. a. ein Birnbaum, an dem Birnen in erreichbarer Nähe hingen. Als ich den Dörners Josef hochhob, damit er eine Birne fassen konnte, kam Lehrer Lott von Schladern her aus der Mittagspause. Er war als Junggeselle in unserer Gastwirtschaft in Logis. Wir bekamen sie natürlich beide gezoppt.


Kaisers Geburtstag gab es für jeden ein Brödchen (grosses), muss also wohl etwas Besonderes gewesen sein. Wir sangen dann: „Der Kaiser ist ein lieber Mann und wohnet in Berlin, und wär es nicht so weit von hier, so ging ich heut noch hin, und brächt die schönsten Blumen ihm, die ich im Garten fand“. Nach Berlin mussten übrigens zu Zeiten unserer Grossväter und Urgrossväter diejenigen, die zur Garde gezogen waren, zu Fuss gehen.


An unserem Schulweg stand anfangs, gegenüber dem jetzigen Stellwerk auf der anderen Bahnseite ein kleines Bahnwärterhäuschen, da war ja noch der Bahnübergang nach Gauchel bzw. Schöneck. Der in dem Häuschen regierende Kammerichs Pitter war unser Freund. Wir riefen schon von weitem „Pitter, et jit e Gewitter, Hannes, et es net wor, der Himmel es noch klor“. Kammerichs Pitter tat uns auch die Haare schneiden, für einen Groschen ratschab. Vorne stehen lassen, kostete zwanzig Pfennige, aber diese Etaterhöhung bekamen wir erst, nachdem wir einige Jahre älter waren. An der aufsteigenden Böschung neben dem Bahnweg wurde manchmal geflämmt. Von den Akazien vorne vor dem Stellwerk streifte ich mir mal Blätter ab, tat sie unter die Mütze, und zu Hause angekommen, diese ab und sagte: „Tag zusammen“. Man putzte grade Flur und Küche. Im Sommer machten wir schon mal den Heimweg durch den Overdall. Dann ging es im Galopp den Eselsweg herab. Wenn es aber hiess „de Zigeuner senn do“, dann waren wir Kleineren zu bang. Die Zigeuner lagerten unten an der Strasse. Später stand ich mal als Jäger auf dem Eselsweg, und schoss einen Hasen – vorbei. Es war sicher der Verwunschene aus Ritter Huhns Zeiten.


Vor unserm Umzug im Herbst 1905 nach Schladern hatten wir 93 Schüler in einer Klasse. Als wir nach Schladern umzogen, erscholl, als wir grade über den Köttelsbach gingen, der Ruf „ihr Däller Mestepöhl, lebet wohl“. Da war wohl schon der damals berühmte „Schladerner Wind“ in den Beuerden. Heute hat sich dieser Wind etwas gelegt, bzw. oder vielmehr, er weht überall. Auch das mit den Mestepöhlen hat sich geändert.


Übrigens war ich schon mit neun Jahren General. Kaisers Geburtstag 1906 spielten wir zusammen mit der evangelischen Schule Theater. Einen Satz weiss ich noch, den ich sagen musste: „Achtung, ich bin der General!“ Es war da die Rede von den Herren von Zitzewitz, Köckeritz und Quitzow. Meine Mutter hatte mir rote Streifen an die blaue Pumphose genäht. Das mit der Pumphose gefiel mir nicht so recht. Ostern 1906 kam ich bereits zur Höheren Schule. Bei der Prüfung kam mir die einklassige Schule zugute, in der Geschichte zum Beispiel die preussischen Könige (Oberstufe). Die Kaisersöhne wussten wir der Reihe nach.

 

Opa Wilhelm Höffer mit zwei Radfahrer-Gästen. Wilhelm und Franz-Albert Höffer, Trinchen Röhrig und Trina Zimmermann. Alle Fotos: Familie Höffer

 

Quelle: Als googeln kein Thema und Jugend forscht gefährlich war - Schladerner Kindheitserinnerungen aus sechs Jahrzehnten (Buch vergriffen) Herausgeber: Sylvia Schmidt und Frieder Döring 

 

Zur Geschichte der Schladerner Schulen: Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Schladerner Schulen

 

Elmoresstraße 10
Windeck, Nordrhein-Westfalen.
Deutschland ,51570

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