Geschichte des Hauses Im Thal Windeck 41

Text | Dorfgeschichten, Personen | Samstag, 21 August 2021

Die über einhundertjährige Geschichte des Hauses Im Thal Windeck 41 in Altwindeck

Schenk – Penny (auch Penni) - Salz – Schmidt

Nacherzählt von Sylvia Schmidt und Franz Ottersbach (* 23.12.1946 - † 31.10.2022)

Am 21. August 2021 feierte ich schweren Herzens mit meinen lieben Nachbarn meinen Abschied aus Altwindeck. Nach dieser Feier habe ich Franz, der hier rechts neben mir steht, nur noch im Vorbeifahren gesehen. Er ist kürzlich verstorben, er wird im Dorf schmerzlich fehlen, mir wird sein Humor in schönster Erinnerung bleiben.

Im Jahr meines Einzugs „Im Thal Windeck 41“ hatte Franz für die Dezember-Ausgabe 2008 der Dorfzeitung Däller Rundschau die Geschichte des Hauses „Im Thal Windeck 41“ aufgeschrieben. Franz war nämlich nicht nur mein Nachbar, wir haben gemeinsam für meine absolute Lieblingszeitung geschrieben, besagte Däller Rundschau - Auflage 200 Stück – eine für jeden Altwindecker Haushalt. Franz hat in jeder Ausgabe ein Altwindecker Haus mit seiner Geschichte vorgestellt. Ende 2019 ist die Produktion der Däller Rundschau nach 20 Jahren eingestellt worden, alle Häuser, sofern die Eigentümer mitgemacht haben, hat er also vorgestellt.

Franz Originaltext werde ich allerdings nicht vollständig übernehmen. Ich werde neue Teile und Bilder einfügen, andere Teile sind nicht mehr aktuell, die nehme ich raus. Der Text wird also ein letztes Gemeinschaftswerk werden in Erinnerung an einen herrlichen, ehemaligen Redaktionskollegen und Nachbarn.

Das Haus bei meinem Auszug 2021


Das Haus um 1950. In der Türe sitzen Anna Penny und ihre Tochter Helene, meine Schwiegermutter.

Die Geschichte des Hauses beginnt allerdings sehr viel früher, kurz nachdem die nächste Fotografie um das Jahr 1910 aufgenommen worden war. Es zeigt die Erbauerin des Hauses mit ihren drei Söhnen.

Helene Schenk, geb. Penny, 13.1.1860 - 30.05.1941

Links: Gerhard Penni 19.10.1887, Schmied von Beruf, Reiter der Reserve bei der 3. Eskadron, Schweres Reiter Regiment Nr. 2 –seit dem 25.9.1915 vormittags verschollen auf den Schlachtfeldern von Verdun - am 28.8.1923 für tot erklärt

Mitte: Johann Schenk, geb. am 26.05.1892 - + 1924 an Tuberkulose, er war Waldarbeiter

rechts: Josef Penni, 20.10.1900 - + 12.3.1976

Pennys hatte die Arbeit bei Elmore’s von Wendershagen bei Morsbach nach Schladern gebracht. Die Eltern von Helene Schenk waren Friedrich und Marianne Penny, geb. Klein. Sie lebten in Dattenfeld. Helene hatte schon den Sohn Gerhard, als sie am 30. August 1891 den Witwer und Bahnwärter Heinrich Schenk heiratete. Der war zuvor mit Helenes Schwester Elisabeth Penny verheiratet gewesen, die er bereits 1866 geehelicht hatte. Sie hatten eine Tochter namens Josephina Schenk. Nach Elisabeths Tod, er war nun etwa 66 Jahre alt, heiratete er die Schwester, Helene. Die war wesentlich jünger, 31 Jahre alt. Im darauffolgenden Mai kam Johann auf die Welt, Heinrich starb im gleichen Jahr.

Meine Schwiegermutter (Helene Salz) und ihre Großmutter hießen beide mit Geburtsnamen Helene Penny. Sie erzählte Franz und mir wie es zum Hausbau gekommen war. Ihre Oma und deren Söhne hatten ursprünglich in einem Haus auf der gegenüberliegenden Wiese gewohnt. Ihr Nachbar, der Rittmeister Nacken, hatte um 1911 herum Pläne. Er wollte eine Hühnerfarm errichten, da störte das Haus der Oma. Offensichtlich wurden er sich mit Helene Schenk und den beiden älteren Söhnen handelseinig. Das Haus auf der Wiese wurde abgerissen, dafür erhielten Helene und ihre Söhne auf der gegenüberliegenden Seite ein schönes, neues Fachwerkhaus. Im Jahr 1911 waren es dann Gerhard und Johann, die den Bauvertrag mit Bauunternehmer Franz Poppel aus Schladern unterzeichneten.

Den nachbarlichen Beziehungen scheint, wie man auf dem nächsten Foto sieht, der Deal mit dem Häuschen nicht geschadet zu haben.

Gerhard sitzt neben zwei schönen Unbekannten vor dem Hause von Rittmeister Nacken.

Das Foto muss kurz vor dem 1. Weltkrieg entstanden sein, denn ab 1915 galt Gerhard als verschollen auf den Schlachtfeldern von Verdun. Es gibt einen bewegenden Abschiedsbrief von ihm an Mutter und Brüder, der gleichzeitig sein Testament ist.

Franz schrieb über diesen letzten Brief, den Gerhard im September aus Tangen schrieb: „Darin vertraut er sich mit allem seiner Mutter an. Es ist so gefühlvoll, dass das lesen einen ganz schön mitnimmt. Er galt lange als vermisst. Seine Mutter ließ ihn 1923 notariell für tot erklären.

Ich habe Andreas Lutz (Vorsitzender vom Förderverein Heimatmuseum Altwindeck) das Foto zugeschickt, er schrieb dazu folgendes: „Der Mann trägt das Mitgliedsabzeichen des Kyffhäuser Bundes (größter deutscher Kriegerverein). Falls Du den Penni meinst, von dem wir ein Bild im Museum hängen haben, so handelt es sich nicht um einen „Schweren“,sondern um einen „Leichten“ Reiter, der diente nämlich bei den Bonner Husaren (1. Rheinisches Regiment Nr. 7). Jedenfalls muss das Foto vor dem 1. WK entstanden sein. Wer die Damen sind, kann ich nicht sagen. Jedenfalls deuten die Klamotten auf etwas „Besseres“ hin. Wer von den damaligen Dörflern, konnte sich schon solche Klamotten leisten.

Helenes zweiter Sohn, Johann, hatte immer große gesundheitliche Probleme. Das führte dazu, dass er schon 1912 ein Testament zugunsten seiner Mutter verfasste. Von ihm ist folgender Spruch überliefert: „Mama, wänn esch föh dir stärven, unn wänn esch owwen em Himmel ahnkunn, dann säjen esch dir hundertprozäntig Bescheed, wie ett doh owwen ess!“ Er starb 1924 mit 32 Jahren an Tuberkulose.

Mit 40 Jahren hatte Helene den dritten Sohn Josef bekommen. Der heiratete am 22. Mai 1925 Johanna Tibus aus dem Ünken in Dattenfeld. Sie leben mit der Oma im Haus und 1926 kam Töchterchen Helene zur Welt.

Josef Penny mit seiner Frau Joh(Anna), geb. Tibus (1897 - 1972) und mit Töchterchen Helene (Salz), geb. 9.1.1926 - + 13.02.2014

Josef Penni in Feuerwehruniform auf der Terrasse von Schloss Windeck.

Und hier vor den Kanonen am Schloss.

Vor dem Brunnen am Eingang des Schlosses.

Dieses Foto wurde 1938 im Schlosshof aufgenommen. Zu erkennen sind die junge Helene in der Mitte, rechts von ihr Luise Kessenich, die Schwester von Anna Penny

Wie sein verstorbener Bruder litt auch Josef an Tuberkulose und war oft zur Kur. Die gesunden Männer waren im Krieg, deshalb war er vermutlich ziemlich wichtig für die Freiwillige Feuerwehr Dattenfeld.

Diese beiden Bilder zeigen Josef Penni als Mitglied eines Wehrersatz-Bautrupps im Elisenthal.

Josef Penni hinten mit Kappe

Josef Penni vorne rechts

Josef Penni war bei der Berufsfeuerwehr in Köln-Deutz und bei der Freiwilligen Feuerwehr Dattenfeld. Im Dall wurde er Penniens Jupp genannt. In Deutz war Josef Tambourmajor, d. h. Leiter der marschierenden Musikkapelle der Feuerwehr. Das inspirierte in des Öfteren, in der Gaststätte Steinhauf etwas von seinen geliebten Märschen vorzuführen. Dazu zog er sich einen Holzstuhl heran und dann wurde auf der Sitzplatte getrommelt, was das Zeug hielt.

Amüsant waren auch seine Auftritte als Fliegentöter. Wenn er gut in Fahrt war, summte es plötzlich, dachte man in seiner Nähe. Er verfolgte die Fliege derart echt, dass alle glaubten, ihre Augen ließen nach, weil sie die Fliege nicht sehen konnten. Dann erwischte Josef sie und trat sie auf dem Boden tot. Zufrieden setzte er sich wieder hin.

Wenn er mal gut in Fahrt war und dem Alkohol zu sehr zugesprochen hatte, und das war regelmäßig an Fronleichnam der Fall, als die Kirmes in Windeck noch um die Wirtschaft herum stattfand. Dann hatte er große Probleme auf dem Heimweg. So bot sich der Gesellschaft, die sich anlässlich der Kirmes vor dem Haus von Hundenborns Franz (heute Gerd + Sabine Warminski) aufhielt, fast jedes Jahr das gleiche Schauspiel. Josef steuerte über den Kirmesplatz unterhalb der Wirtschaft zielgerichtet auf die Treppe neben Seifers Schuppen (heute Peter Fuchs) zu. Am Kettenkarussell rauschte er vorbei und nahm die Treppe in Angriff. Die ersten regelmäßigen Stufen meisterte er mit Bravour, doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Er kam aus dem Takt und mit den Stufen durcheinander. Er nahm Tempo auf. Er verschwand kurz hinter den zu Fronleichnam aufgestellten Birkenreisern, um dann zwischen ihnen hindurch auf die Straße zu fallen. Er rappelte sich auf, guckte sich kurz um, ob keiner was gesehen hatte und kurvte dann los in Richtung Bitze, wo ihn seine Frau Johanna (Penniens Ann) mit wenig freundlichen Worten empfing.

Waschtag bei Anna Penni, die Wäsche wurde damals auf der Wiese gebleicht.

An Helene Schenk, genannt Schenks Leen, können sich ältere Altwindecker noch erinnern. Mehr aus Überlieferung als durch eigenes Erinnern weiß Käthe Warminski zu erzählen: „Die alte Frau Schenk machte auf ihrem Weg von der Bitze ins Dorf immer mal Rast auf der Bank vor dem Haus Zimmermann (heute Gerd und Sabine Warminski). Es wurde etwas mit Katharina Zimmermann geschwatzt und dann ging es weiter. Ihr Standardspruch im Sommer war: „Trien, esch glöv, ett gitt en Jewedder!“ Oft kündigte sie eigene Aussagen an mit „Esch soat.“ So auch bei ihrer Kleintierhaltung: „Trien, esch soet, esch hann en Klotze gesatt. Aver de Eier senn all fuhl woren. Am Hahn kann ett ned jelägen hann, dä hann esch keenen!“

Helene wuchs mit Eltern und Oma Helene auf. Wie viele Altwindecker betrieben sie Kleintierhaltung. hatten Ziegen, Hühner (Stall im Keller) und hinter dem Haus Kaninchen. Oma Schenk starb am 30. Mai 1941.

Ihre Enkelin Helene entwickelte sich sehr vorteilhaft. Das blieb auch Hans-Josef Salz aus Dattenfeld nicht verborgen.

 

Tochter Helene und Hans Josef Salz

Helene Friedrich Johann Josef Salz (Hans Josef)
9.1.1926 - 13.02.2014 19.09.1926 - 30.10.1998

Sie feierten 1950 Hochzeit

links neben dem Brautpaar die Brauteltern Josef und Anna Penny, neben dem Bräutigam Therese und Karl Salz aus Dattenfeld.

Franz schreibt: Hans-Josef war Elektroingenieur mit einem enormen Fachwissen, genau wie sein Sohn Arthur. Ich konnte mich davon überzeugen, als Hans-Josef mir bei einem Gewitter den Spannungstrichter beim Blitzeinschlag erklärte. Bei der Firma Dynamit Nobel in Troisdorf war er Technischer Leiter.

Sein enormes Wissen kam auch der Windecker Elektrizitätsgenossenschaft zugute. Er leitete viele sie Jahre lang. Er war bekannt für Mitgliederversammlungen in Rekordtempo.

Am 31. Januar 1957 kommt endlich der lang ersehnte Nachwuchs, Sohn Arthur. Er besuchte die Volksschule in Altwindeck. Er hatte als Kind viel mit Allergien zu tun, war gesundheitlich nie so richtig stabil. Für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg schon etwas ungewöhnlich, erkrankte er zwei Mal an Tuberkulose. Beim ersten Mal hatte ihn Opa Josef angesteckt.

Er war sehr tierlieb. Huhn Hanni begleitete ihn auf der Lenkstange seines Fahrrades auf Fahrten durch den Ort. Während gleichaltrige Jungen auf dem Sportplatz waren, sah man Arthur zusammen mit Alfred Müller mit Elektrowerkzeug durch den Ort ziehen, Kabel um den Hals, Zangen und Schraubendreher in den Hosentaschen. Bis 1974 leben Arthurs Eltern und die Großeltern Penny und Salz unter einem Dach. Die junge Familie baut nebenan einen Bungalow und zieht 1974 in die 39 ein.

Es folgten wilde Jugendjahre voller Verrücktheiten, die bis heute in Erinnerung an Arthur für Begeisterung sorgen. Schon in der Schule, auf dem Gymnasium in Eitorf, konnte ihm in Naturwissenschaften kaum einer was vormachen. Das Periodensystem der Elemente war ihm so geläufig wie anderen das Vaterunser. Er zählte sich in dieser Zeit zu den Alternativen und war Gründungsmitglied des Windecker Kulturvereins. Nach dem Abitur studierte er an der RWTH in Aachen und an der Fachhochschule in Siegen und erwarb 1983 sein Diplom.

Gegen Ende seines Studiums wurde Arthur Vater, ich war damals noch ziemlich am Anfang meines Studiums. 1983 kommt Marthe zur Welt

Arthur studierte in Siegen, ich in Köln. Arthur wollte unbedingt in die 41 einziehen. Vier Jahre wohnten wir in Altwindeck, dann zogen wir in den Taunus, wo Arthur sein Referendariat bei der Post in Frankfurt machte. Franz schrieb wegen Arthurs wilder Vergangenheit: „Deshalb war es für alle erstaunlich, dass er zu einer Behörde wechselte. Er bekleidete lange Zeit eine hohe Position bei einem der Landesämter von Nordrhein-Westfalen.“

1989 kaufen wir ein Haus in Dreisel.

 

Dem Ingeniör ist nichts zu schwör, 1990 kommt unser Sohn auf die Welt.

1997 zieht Arthur in die 41 in Altwindeck ein. Das Haus hat sich leider stark verändert. Nach unserem Auszug hatte mein Schwiegervater es renovieren lassen. Das Fachwerk wich einer modernen Isolierung, und die schönen Holzfenster waren durch Plastikfenster ersetzt worden.



Die 41 hatte nach der Renovierung Ende der 1980er Jahre ihren Charme verloren.

Franz schreibt zum Thema Besonderheiten von Arthur: Die Wildheit und Absurdität des damals völlig isolierten, kommunistischen Albaniens war von Jugend an Arthurs Traumland. Nagorni, Berge, gehörte zu seinem Sprachschatz, er benutzte es auch für die hiesigen Höhen. Nagorni Windeck war ein gern genutzter Begriff von ihm. Sein Traumprojekt war ein Häuschen am Skutari-See, wo er sich zur Ruhe setzen wollte.

Albanien, ein gefundenes Fressen für Arthurs Humor

Fast jeden Sonntag holte Arthur die Kinder zu Museumsfahrten ab, kindliche Vorlieben wurden nicht abgefragt. Angesteuert wurden vorzugsweise Militär-, Montan-, Technik- und Geschichtsmuseen. Gewürzt wurden die äußerst unterhaltsamen Fahrten mit Spezialwissen aus Kriminalromanen und Zeitungen jeder Art – ohne Qualitätsunterschiede. Auch der Musikgeschmack der Kinder (Rock, Punk, Neue Deutsche Welle) wurde bei diesen Fahrten geschult. Zu ihrem Grundwissen gehörte deshalb schon früh die Höhe des Wellenwiderstandes im Weltall. Besucherbergwerke, Stollen, Siefen wurden derart erkundet, dass praktisch die Geschichte des Bergbaus in Windeck und an vielen anderen Orten selbst durchlebt wurde. Jedes Windrad im Sauerland, Rothaargebirge und Weserwald ist Arthur und den Kindern persönlich bekannt.

Bei den Fahrten legte Arthur ein unglaubliches geografisches Gespür an den Tag, jeder hinterste Feldweg samt Stromversorgung in der Luft und Leitungssystem in der Erde, war in seinem Gedächtnis unauslöschlich eingeprägt. Er hat sich nie verfahren und hatte immer einen inneren Kompass, der ihn überall hinbrachte. Zu seinen besten Erfindungen gehört eine Maschine, die er in der Uni gebaut hat, und die sich nicht abstellen lässt, daran hatte er Spaß. Spaß hatte er auch daran Treibholz-Vorräte aus der Sieg anzulegen – nicht, dass wir einen Holzofen gehabt hätten. Eines Tages kam er von einem Waldspaziergang mit den Kindern zurück. Arthur hatte den ganzen Weg stolz wie Oskar einen Schatz hinter sich hergezogen: er hatte einen beschissenen Kuhstrick gefunden. Das Ding sorgte für einen heiteren Rückweg und belustigt bis heute. Überhaupt legte Arthur große Sperrmülllager an. Seine Werkstatt war ausgestattet mit den feinsten Werkzeugen aller Art, Kabelvorräten für Jahrzehnte (alles vom Sperrmüll) und so weiter. Bis heute hüte ich einen Milchkochtopf, dem Arthur einen Griff verpasst hat, einen angeschweißten Schraubenzieher, was sonst! Mein erstes Geschenk von ihm war übrigens ein Salatkopf aus dem Garten von Röhrigs Karl aus der Altwicke, mit dem er es gut konnte. Arthur versammelte überhaupt eine große Anzahl Spezialisten aller Richtungen um sich herum. Als ich im Krankenhaus in Siegburg in den Wehen lag, musste er mal eben für ein paar Stündchen zurück nach Windeck, Heizungsspezialist Karl Gerhards brauchte ihn für einen Auftrag. Zur Entbindung kam Arthur kurz vorbei, verschwand dann aber auch schnell wieder. Meine Studienkollegin wohnte neben dem Krankenhaus, dort lud er sich erstmal zu einem stärkenden Frühstück ein. So eine Geburt ist ja besonders für Männer sehr anstrengend.

Arthur hatte ein ungewöhnlich ausgeprägtes Gespür für Kriminalfälle. Ende der 90er Jahre gab es in Windeck verschiedenen Vorfälle. Arthur ist dafür nicht mal aufgestanden, er hat kurz sein fotografisches Gedächtnis angeworfen, logisch kombiniert. Fertig! Schon waren die Übeltäter oder Vermissten ausgemacht.

Arthur lebt zehn Jahre in seinem Elternhaus, in der 41. Am 5. April 2007 verbreitet sich wie ein Lauffeuer die Nachricht durch den Ort „Arthur Salz ist gestorben.“ Angesichts seines Alters von 50 Jahren kam das für alle Außenstehenden sehr überraschend, doch die Familie wusste, dass er sehr krank war.

 

Hier blickt er auf sein Traumland. Das Foto wurde ein Jahr vor seinem Tod bei seiner letzten Albanienreise aufgenommen.

Mit dem Haus 41 muss jetzt etwas passieren. Arthurs Vater ist 1998 gestorben, seine Mama ist jetzt über 80 Jahre alt. Sie kann es nicht mehr in die Hand nehmen. Auf seiner Beerdigung fragte sich mich, wer denn da beerdigt wird, sein Tod erreichte sie nicht mehr wirklich. Also machen die Kinder und ich Pläne, sowohl für die 41 als auch für die 39. Zwei Jahre dauert es, bis beide Häuser ausgeräumt und renoviert sind. Oma lebt da schon im Seniorenzentrum im Dattenfeld. Mein Sohn und ich hatten uns mittlerweile entschlossen, nach Altwindeck zu ziehen und das Haus in Dreisel zu verkaufen.

2008 wird Einweihungsparty mit den Nachbarn gefeiert. Marthe lebt in Bonn und kommt regelmäßig zu Besuch

Ohne Nachbarn läuft im Dall gar nix, es ist das Wichtigste überhaupt! Hier Hanne Ottersbach, Alfred Neukirchen und Dieter Steinhauf.

Anne Steinhauf prophezeite mir bei meinem Einzug, ich würde im Dall glücklich werden. Wie Recht sie hatte. Selbst in schweren Zeiten, reichte der Blick morgens aus dem Fenster, um zu wissen, ich lebe mitten im Paradies.

13 Jahre wunderschöne Jahre im Dall, „Stadtteil Bitze“ wohnte ich hier, immer im Bewusstsein, welch großes Geschenk mir da in die Hände gelegt worden war.

Auszug aus dem Paradies

Als in meinem Haus in Schladern eine Wohnung frei wurde, spürte ich sofort, dass für mich die Zeit gekommen war, mich zu verkleinern.

Mit einer Party kam ich, mit einer Party ging ich.

 

Die Gäste: Rita und Alfred Neukirchen, Elisabeth Engel, Karin und Ann-Christine Nacken, Anne und Dieter Steinhauf, Hanne und Franz Ottersbach, Sabine und Gerd Warminski, Paulina Müller und Alexander Quade, Jaqueline Jahn, Gisela Leschinger, Giselas Enkelin, Marita Schmitt, Marie-Luise Nacken, Uwe Kolb, Karin Jödden und Männi Ückerseifer. Mist war nur, dass Henni (Johannes Salz) verhindert war, der darf eigentlich nirgendwo fehlen.

Ich bin mit einer Fülle wunderschöner Erinnerungen gegangen, die Zeit im Dall war ein Traum.

Wie gut, dass ich einige Anlaufstellen habe, wo ich mich zum Kaffee einladen kann. Ich komme immer wieder zu Besuch. Ich wünsche den Neubewohnern Linda, Tobias, Sibell und dem Baby, das unterwegs ist, dass sie so glücklich werden, wie ich es war und sich allzeit so behütet fühlen, wie ich mich dort gefühlt habe.

Lieber Franz, richte der Uroma Helene Schenk aus, der Deal mit dem Rittmeister war der beste, den sie machen konnte. Der ist auch mehr als hundert Jahre später mit Geld nicht aufzuwiegen.

Ach, und zum Schluss noch ein richtiger Arthur Salz aus dem Jahr 1982.

An den
Oberkreisdirektor
des Rhein-Sieg-Kreises
-Bauamt-
5200 Siegburg

Altwindeck, den 11.6.1982

Betr.: Baugenehmigung für einen ortsbildfremden Baukörper

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit wende ich mich an Sie in einer für mich sehr wichtigen Angelegenheit.

Seit nunmehr ca. 10 Jahren besteht in mir der Wunsch, einen Teil meines Lebens in einer Pyramide zu verbringen. Diese soll keineswegs als Wohnstätte genutzt werden, da ich die Form nicht durch zweckgebundene Installationen (z. B. Heizung, Sanitär) zerstören will. Die Pyramide soll vielmehr der Meditation und Entspannung dienen, andere Lebensbereiche sollen denn auch an anderen Orten Erfüllung finden.

Ich gebe Ihnen hier nun kurz die für Sie relevanten Äußerlichkeiten wieder:

Form: Pyramide mit quadratischer Grundfläche und der Kanten- länge ca. 10 m, Höhe ca. 10 m, 2-geschossig.
Konstruktion: Dachstuhl-Holzbau auf Stahlbetonfundament verankert.
Farbe: Weiss, wobei die Beschaffung weisser Dachziegel für mich z.Zt. noch ein grosses Problem darstellt und ich Sie auf diesem Wege ersuche, mir eine Bezugsquelle aus Ihrem Erfahrungsschatz zu nennen.

Zum Standortproblem kann ich Ihnen insofern entgegenkommen, als ich binnen kürzester Zeit Bauplätze in verschiedenen Teilen der Gemeinde Windeck benennen kann, auf denen ich das Bauwerk errichten könnte, wobei der Kern der Sache, nämlich die (Noch-) Nicht-Existenz eines vergleichbaren Baues oder gar einer Reihensiedlung als grundsätzliche Problematik verfahrensmässig hier natürlich eine weitaus grössere Rolle spielt. Um der Sache willen bin ich sehr geneigt, die Pyramide auch als „Schuppen“ grundbuchlich eintragen zu lassen.

Bedenkt man, daß heute für weit gefährlichere Dinge, als mein Vorhaben es darstellt,-ich denke dabei an Bauwerke der chemischen Industrie oder an Munitionslager der Armee- Baugenehmigungen erteilt werden, noch dazu für weitaus geschmacklosere Formen (Zylinder, Kegel aller Arten), so kann ich an einen abschlägigen Bescheid Ihrerseits gar nicht mehr denken.

In Erwartung Ihrer Antwort, Ihr Arthur Salz

 

 

 

 

Zur Pulvermühle
Windeck, Nordrhein-Westfalen.
Deutschland ,51570

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