Die Mädels aus dem Breitscheider Bahnhof zog es nach Schladern

Text | Personen | Sonntag, 01 Juli 1900

Die Mädels aus dem Breitscheider Bahnhof zog es nach Schladern

Auf der Strecke zwischen Au und Altenkirchen steht der schöne Breitscheider Bahnhof. Dort lebte gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Bahnhofsvorsteher Gelhausen mit seiner Frau und den vier Töchtern Milly, Berta, Emmi und Paula. Drei Töchter lebten später in Schladern.

Der Breitscheider Bahnhof mit Bahnhofsvorsteher Gelhausen und seinen vier kleinen Töchtern Milly, Berta, Emmi und Paula in der Bildmitte. Das Bild ist vor 1900 entstanden. Archiv Dorle Walther.

Mutter Gelhausen mit ihren vier schönen Töchtern Berta, Milly, Emmi und Paula. Archiv Dorle Walther.

Auch im Alter genossen die Schwestern das Zusammensein bei einem Likörchen, v. li.: Berta Schirmer, Milly Schiffbauer, Paula Ritscher und Emmi Schönberg. Archiv Dorle Walther.

Emilie Schiffbauer: 05.12.1890 – 07.05.1975
Berta Schirmer: 21.05.1893 – 04.10.1980
Emma Schönberg: 14.08.1895 – 23.09. 1986
Paula Ritscher: -

Bevor ihre Namen ganz aus dem Schladerner Dorfgedächtnis verschwinden, wollen wir das gerne mit ein paar Informationen verhindern.

Die älteste Tochter Milly heiratete Julius Schiffbauer, geb. 1889. Julius betrieb in Schladern gegenüber dem heutigen Busbahnhof in der Waldbröler Straße 6 einen Schreibwarengroßhandel. Im Haus leben bis heute seine Enkel Klaus und Rolf Sprenga. Das ehemalige Lager hat Harald Schröder zu einem stattlichen Wohnhaus umgebaut.

Erinnerungen von Sylvia Schmidt

Vermutlich über meine Urgroßmutter väterlicherseits, eine geborene Kratz aus Thalhausen, unterhalb von Breitscheid gelegen, bestand eine Verwandtschaft zu den vier Schwestern Gelhausen. Die Eltern meines Vaters pflegten in meiner Kindheit einen engen Kontakt mit der Sippe. Meist traf sich alles im Hause Schiffbauer. Hinzu kam, dass auch meine Mutter Margret Langen von klein an mit der Schiffbauer-Tochter Lotti befreundet war.

Margret Langen (später Schmidt) und Lotti Schiffbauer Ende der 1940er Jahre blieben ein Leben lang in Kontakt, später meist Briefkontakt. Sie besuchten gemeinsam das Hollenberg-Gymnasium in Waldbröl und teilten ihre Liebesgeheimnisse. Archiv WiWa.

Hier schickte Lotti in den 1960er Jahren Weihnachtsgrüße aus Caracas, wo sie damals lebte, an meine Großeltern Schmidt. Es zeigt Lotti mit Schwiegermutter, Ehemann Ferdi Heinrich und ihren Kindern (Stefan, Evi, ???). Archiv WiWa.

Julius Schiffbauer war in meinen Kinderaugen eine graue Eminenz von schlankem Wuchs, immer gut angezogen und mit perfektem Haarschnitt, er hatte volles, eisgraues Haar, geschäftsmännisch. Wie weit er sich noch in die Geschäfte einmischte, weiß ich nicht. Das Büro war jedenfalls im Zwischenbereich von Haus und Lager untergebracht. Sein Schwiegersohn Fritz Sprenga, fuhr mit seinem Mercedes die Kunden ab.

Fritz Sprenga 1981. Archiv WiWa.

Häufig war er Gast bei meinen Großeltern im Westerwald, die sich auch gerne von ihm kutschieren ließen. Sie kauften aber bei ihm auch ein, was genau, weiß ich nicht, ich war zu klein, aber meine Oma war eine große Bestellerin vor dem Herrn, es kamen nur Qualitätswaren in Frage.

Einmal war ich bei Schiffbauers zu Besuch, als Milly unzählige hauchdünne Böden mit einer Creme dazwischen zu einer Prinzregententorte hoch auftürmte. Ich meine, es wäre von 17 Schichten die Rede gewesen. Ich war jedenfalls von der Kunstfertigkeit restlos fasziniert. Davon sollten wohl auch einige Mäuler satt werden, denn das Haus war aber auch sehr belebt. Ihre Tochter Christel, Ehemann Fritz und die Kinder Klaus, Rolf und Hans Walter lebten mit im Haus. Letzter, damals nur Hänschen gerufen, war so alt wie ich, wir gingen später in eine Klasse. Hänschen wurde Jurist und ist leider schon im Jahr 2000 verstorben.

Dann gab es noch Tante Berta. Sie wohnte in meiner Kindheit einige Zeit als Mieterin von Emil und Gertrud Hundhausen in der Burg-Windeck-Straße 5. Sie war da schon eine ältere Dame, immer sehr fein angezogen und mit weißen Locken, vermutlich von Ulla Baldus in Form gelegt. Tante Berta war mit einem Herrn Schirmer verheiratet gewesen, den ich aber nicht mehr kennengelernt habe. Ihre Schwester Emmi heiratete den Ingenieur Karl-Friedrich Schönberg, der bereits 1957 verstarb.

Emmi Schönberg mit Sohn Kalli (Karl-Heinz). Archiv Dorle Walther.

Die Enkelin von Emmi Schönberg, Dorle Walther, geb. Buchholz, hat uns das Foto vom Bahnhof, von den jungen Schwestern und von ihrer Großmutter mit Kalli geschickt. Dorle ist in der Bodenbergstraße 30 aufgewachsen. Ihre Mutter Helmi war Emmis Tochter und verheiratet mit Gustav Buchholz. Dorle hat einen Bruder, Klaus Albert. Oma Emmi wohnte auch mit im Haus. Ich erinnere mich an einen Besuch bei Dorle. Im Stall stand ein Eber so groß, wie ich noch nie einen gesehen hatte. An den Stall schloss sich ein langer Streifen Garten an, der von der Bodenbergstraße bis zur Straße Zum Sprietchen reichte.

Dorle Walther erinnert sich:

"Ich glaube auch dass Tante Milly die erste in Schladern war, Tante Berta hatte eine Zeit lang mit ihrem ersten Mann (leider weiß ich den Namen nicht mehr, hat in Hennef gewohnt). Ich meine, sie ist dann als Witwe nach Schladern gezogen, um ihren Schwestern nahe zu sein. Als meine Omi Karl Heinz bekam, war Tante Berta zu Besuch und hat auf Ruth und meine Mutter aufgepasst - sie muss sehr streng gewesen sein - sie hatte ja auch keine Ahnung von Kindern!!!

Tante Berta konnte nach einem Oberschenkelhalsbruch nicht mehr in ihre Wohnung zurück. Meine Mutter hat sie zu uns geholt, meine beiden Zimmer standen so quasi leer, weil ich seit April in Bonn war. So ist sie im Mai bei uns eingezogen und ist dort bis zu ihrem Tod geblieben.

Tante Paula hieß mit Nachnamen Ritscher, da ich sie nicht oft gesehen habe, weiß ich auch zu der Familie nicht viel.

Meine Omi hat ihren Mann Karl Schönberg am 15.02.1922 geheiratet und ist mit ihm nach Bochum gezogen. Er war Ingenieur bei einer Kokerei war. In den Kriegswirren ist sie dann mit Karl-Heinz zu ihrer Schwester Milly geflohen, weil die Angriffe im dicht besiedelten Kohlenpott stärker wurden.

Einmal haben Mama und Ruth Kalli zum Schwimmen mit an die Sieg genommen. Kalli konnte noch nicht schwimmen und ist ins Wasser gegangen und wurde von der Strömung am Wasserfall ins tiefe Wasser befördert. Mama konnte immer gut schwimmen, sie hat ihn vor dem Ertrinken gerettet. Alle haben sich verpflichtet, über den Vorfall zu Schweigen."

Dorle Buchholz um 1969 mit drei Schulkameradinnen, alle kurz hintereinander im geburtenstarken Jahrgang 1959 geboren.
v. li.: Andrea Wick (Nohl), Andrea Schmitz (Tochter vom Friseur Hans Schmitz), Dorle Buchholz (Walther) und Sylvia Schmidt. Archiv WiWa.

 

 

 

 

 

Waldbröler Straße 6
Windeck, Nordrhein-Westfalen.
Deutschland ,51570

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