Werk Schladern - Stimmungsvolle Altenfeier

Zeitungsartikel | Personen, Besondere Anlässe, Betriebe | Freitag, 03 Dezember 1971

Werk Schladern

Stimmungsvolle Altenfeier

3. Dezember 1971. Fleißige Frauenhände füllen eifrig bunte Weihnachtsteller mit duftendem Gebäck. Hilfsbereit rücken Kollegen Tische und Stühle im Speisesaal zurecht und schaffen Platz für etwa 70 aus dem Arbeitsleben geschiedene Werksjubilare, die am Spätnachmittag wie alljährlich in der Weihnachtszeit zu einer Altenfeier zusammenkommen. Der Gärtner schmückt einen Tannenbaum mit bunten Kugeln und strahlenden Lichtern. Gedecke und belegte Brote werden bereitgestellt, und in den Kaffeebereitern sprudelt das Wasser für einen wärmenden und anregenden Kaffee nach der Busfahrt am kalten Wintertag. Die Vorräte an Getränken und Tabakwaren werden noch einmal überprüft. Es müßte auch in diesem Jahr reichen und alles getan sein, unseren Ehrengästen einen frohen Nachmittag zu bereiten.

Dann ist es soweit. Um 15 Uhr fahren die aus verschiedenen Richtungen kommenden Busse ins Werk. Vom Pförtnerhaus grüßt im hereinbrechenden Abenddunkel die mit weihnachtlichen Lichtern geschmückte hohe Tanne. Erwartungsfroh strömt die Schar der zumeist noch erstaunlich rüstigen „Ehemaligen“ ins Werk. Der eine und andere läßt es sich nicht nehmen, seinen alten Arbeitsplatz aufzusuchen und frühere Kollegen zu begrüßen. Für viele hat sich das Gesicht des ehemals vertrauten Arbeitsplatzes verändert. Mancher findet sich an alter Stelle nicht mehr so ganz zurecht. Neue Fertigungsverfahren und moderne Produktionseinrichtungen haben Althergebrachtes abgelöst und grundlegend umgestaltet. Da ist es interessant, sich neu zu orientieren und komplizierte Techniken, an die früher niemand dachte, erklären zu lassen. Anerkennende Worte über den Fortschritt in allen Bereichen erfüllen die Abteilungsleiter und Meister mit Stolz und Freude. Schließlich aber finden sich alle an der langen festlich gedeckten Tafel im Speisesaal des Werkes ein. Alte Arbeitskollegen feiern Wiedersehen. Zwar klagt da und dort jemand über kleinere Beschwerden, die das Altern nun mal mit sich bringt. Doch im Allgemeinen sieht man erstaunlich frische Gesichter und rüstige Gestalten, die am Leben ringsherum noch rege Anteil nehmen.

Franz-Dietrich Schieferdecker von der Werksleitung Schladern begrüßt die Gäste. Er spricht über Gegenwartsprobleme und Zukunftsaussichten des Werkes und stellt dabei die Schwerpunkte der Planung für die kommenden Jahre heraus. Erwähnung finden aber auch die für den Umweltschutz getroffenen Maßnahmen. So wurde die Müllverbrennungsanlage, deren Qualm zeitweise über Berge hinweg sichtbar war, stillgesetzt und die auswärtige Mülldeponie veranlaßt. Schieferdecker meinte dazu: „Die Dampflokomotiven auf der Siegtal-Strecke blasen nun mehr Ruß in die Luft als das kabelmetal-Werk in Schladern“.

An einem Tisch sitzen die vier Ältesten der Werkspensionäre:

Heinrich Heuser aus Leuscheid, 94 Jahre; Wilhelm Selzer aus Obernau, 94 Jahre; Wilhelm Mörsch aus Leuscheid, 91 Jahre und Robert Kaufmann aus Werfen, 90 Jahre.

Sie waren noch Schulbuben, als das Werk 1891 gegründet wurde. Um die Jahrhundertwende kamen sie dann zur damaligen Firma Elmore’s und arbeiteten in den verschiedensten Betriebsabteilungen. Als besonderes Ereignis ist ihnen ein Streik im Jahre 1927 – es ging damals um Lohn- und Personalprobleme – in Erinnerung. Doch war der Betriebsfrieden bald wieder hergestellt. Sie haben an der Weiterentwicklung des Werkes Anteil gehabt und wissen auch darüber manches zu berichten. Autos, Motorräder und Fahrräder gab es damals als Fortbewegungsmittel zur Arbeit noch nicht. Stundenlange Wege in Wind und Wetter waren zu Fuß zurückzulegen, und in der Regel wartete daheim ein landwirtschaftlicher Nebenerwerb. Doch nun haben sie von all diesen Dingen längst Abstand genommen. Sie „gehen drumherum“ – wie man hier sagt. Zeitung und Fernsehen, Fußball und Kartenspiel sind ihre Interessen, und wenn Borussia Mönchengladbach gegen den Inter Mailand verliert, ist das für sie ein ebenso großes Unglück wie für junge Fußball-Fans.
Der Betriebsratsvorsitzende Werner Wick richtet Worte der Anerkennung an die Werksleitung, die die nun schon zur Tradition gewordene jährliche Zusammenkunft in den Tagen vor Weihnachten ermöglichte und gestaltete. Wie vieles es da unter alten Kollegen zu erzählen gibt, ließe sich am Ausschlag des Zeigers eines Phonmeters am besten ablesen. Der Geräuschpegel würde über das Normale weit hinausgehen.

Ein Blick auf die Uhr im Speisesaal erinnert daran, wie schnell doch schöne Stunden dahineilen. So klopft ein ehemaliger Kollege, Otto Fuchs, an sein Glas und verschafft sich als Sprecher für die anwesenden Alten Gehör für einige herzliche Worte des Dankes an das Werk und seine Mitarbeiter. Seinen Wunsch auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr bekräftigen viele der Alten beim Abschied, bevor die Busse sie nach Hause zurückbringen.

Uns Jüngeren, die wir den Alten dieses Fest bereiten durften, kommt der Gedanke daran, wie schön es ist, Freude zu geben und zu wissen, daß die Fürsorge eines Werkes für seine Mitarbeiter mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben nicht enden muß.

H. Patt 

Quelle: KABELMETAL INFORMATION Mitarbeiterzeitung der Kabel- und Metallwerke Gutehoffnungshütte AG, Hannover, Ausgabe 1/1972

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schönecker Weg 5
Windeck, Nordrhein-Westfalen.
Deutschland ,51570

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